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Montag, 1.6.2009 – 4. Etappe
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Der erste Blick aus dem Fenster zeigte: Es war die goldrichtige Entscheidung,
hier oben zu übernachten. Sonnenschein und blauer Himmel (okay, ein paar Wolken waren
noch da, aber keine bösen). Also schnell etwas essen, am Buffett war ich fast
alleine, die ganzen Skifahrer mussten ja schon um 5 frühstücken. Dann das Fahrrad
packen und Fotos machen. |
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Und es mussten viele Fotos gemacht werden. Die Tremola war keine Alternative
für die Abfahrt, musste ich schnell feststellen. Das hatte ich aber auch nicht
ernsthaft erwogen, schließlich bin ich letztes Jahr dort hinauf gefahren und eine
Abfahrt auf Kopfsteinpflaster macht keinen Spaß. Ein paar Fotos machte ich in der
direkten Umgebung des Hospizes und am Passsee, dem Lago di Piazzo (der wahrscheinlich
noch etwas zu kalt zum Baden war). Hier eine kleine Auswahl der Bilder: |
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Dann ging es langsam, sehr langsam los. Schrittempo, ständig stehenbleiben
und Schnee aus allen Perspektiven fotografieren. Es war aber auch wirklich beeindruckend,
darum lasse ich den geneigten Leser und erst recht die geneigte Leserin ganz alleine,
unbelästigt von Wort und Ton, ein paar Bilder anschauen. |
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So, weiter geht es im Text. Auf die Straße in Richtung Süden, "Milano" steht
auf dem Schild – so weit musste es aber dann doch nicht gehen. Und überhaupt, es
gab ja noch schöne Schnee-Motive: |
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Jetzt reicht's aber langsam, raus aus dem Schnee, runter in den Süden.
Der Vorteil der neuen Passstraße ist ja, dass man die Anlage der großartigen Tremolastraße
sehen kann. Eines der Herzstücke einer der wichtigsten Nord-Süd-Verbindungen. Von den
Strapazen, die eine Überquerung des Passes noch vor 150 Jahren bedeutete, ist heute nicht
mehr viel zu erahnen. Die Postkutsche brauchte von Flüelen bis Bellinzona über 15
Stunden, das ging sogar bei mir schneller, trotz der zahlreichen Fotostopps. |
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Den besten Blick auf die Tremola-Straße hat man aus der Galerie der
neuen Passstraße, kurz vor dem Tunneleingang. Klar, da gab es noch einen Fotostopp.
Dann kam der Tunnel und ich war froh, dass ich mich dick eingepackt habe. In solchen
Tunnels habe ich immer ein mulmiges Gefühl, auch wenn dieser sehr breit und gut
beleuchtet war. Aber es ist halt ziemlich laut, und wenn da ein Motorrad einfährt, denkt
man, gleich kommt das gesamte Feld eines Formel-1-Rennens. Am Morgen war
aber glücklicherweise noch nicht viel Verkehr. |
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Mit dem Verlassen des Tunnels ließ ich auch die hochalpine Passlandschaft
hinter mir. Statt Schneewänden und vereisten Seen fiel der Blick nun in den Süden,
auf die sonnige Leventina. Und natürlich zunächst mal auf das doch ziemlich
verbaute Airolo. Straße, Autobahn, Eisenbahn, auch auf der Südseite des Gotthard
erkennt man die Verkehrsbedeutung dieses Passes auf den ersten Blick. |
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Auf den Betonplatten der breiten, neuen Passstraße rollte ich bergab,
in die Pedale treten musste ich heute noch so gut wie gar nicht. Das Val Bedretto mit dem
Nufenenpass lag vor mir, der war allerdings auch noch gesperrt, stand aber für
diese Reise ohnehin nicht auf der Agenda. Bald kam ich an eines der herausragendsten
Bauwerke der neuen Straße, die Serpentine "Tornante di Fieud". Auf Betonstelzen an
den Berg geklatscht, als Triumphbogen zur Feier des Siegs über die Natur. Wie
anders ist da doch die in die Topographie eingepasste alte Tremolastraße.
Dennoch bietet diese Serpentine natürlich schöne Fotomotive, nicht zuletzt
das fast geometrisch angelegte Dörfchen Fontana tief unten im Bedrettotal. |
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Nun geht es unaufhaltsam auf Airolo zu. Das macht schon Spaß, einfach die Füße
vom Boden nehmen und losrollen. Gestern ging es hauptsächlich bergauf, der Lohn für
diese Arbeit ist der heutige Tag, hauptsächlich Abfahrt. Kurz vor Motta Bartola musste
ich die neue Passstraße verlassen (das mussten auch die Autofahrer, da sie wegen
Bauarbeiten nur in eine Richtung, bergauf, befahrbar war). Dann ging es auf die
Kopfsteinpflasterstrecke bis hinunter nach Airolo. Häufig gefahren, nichts Neues,
trotzdem wie immer dasselbe Foto von Airolo. |
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In Airolo angekommen entledigte ich mich erstmal des Großteils meiner
Kleidung. Winterjacke, Regenhose etc. wurden verstaut, es war hier schon deutlich wärmer
als oben auf dem Pass. Und der Tag sollte noch wärmer werden, das deutete sich schon
an. Pfingstmontag in Airolo, leider war meine Hoffnung auf eine geöffnete Bäckerei
vergebens. Na gut, ich hatte ja gerade gefrühstückt, so dringend notwendig war es
auch nicht. |
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Letztes Jahr fuhr ich auf ihn zu, dieses Jahr sah ich den Gotthardpass
nur im Rückblick. Den Hang über Airolo sieht man schon von weitem (also sah ich ihn
noch häufig, wenn ich mich umblickte). Und die Narben, die die neue Straße in den Berg
ritzte, fallen auch aus großer Entfernung auf. Das ist wohl ein Preis für die Mobilität.
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Ab Faido führt die Nord-Süd-Veloroute für einige Zeit abseits der
Straße auf Nebenwegen, meist direkt neben der Autobahn. Nach einer Kurve endete
der Asphalt plötzlich und der Weg war nur noch ein besserer Trampelpfad. Schon
wollte ich anfangen zu fluchen, doch schon nach nicht einmal 100 Metern ging
es zurück auf Asphalt. Man kann den Weg also noch als rennradgeeignet bezeichnen.
Autobahnbegleitend blieb er aber. |
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Kurz hinter Nivo wird das Tal wieder enger, eine nächste Talstufe nach
unten ist zu überwinden. Und die Veloroute muss wieder die Straße nehmen. Zwei mir
gut bekannte Serpentinen unter einer riesigen Autobahnbrücke folgten – hier stand ich
vor fast genau zwei Jahren unter lauter Pufferküssern und wartete auf historische
Züge, die Gotthardbahn feierte ihr 125jähriges Bestehen. Diesmal war wenig Verkehr,
und ich sah auch nur einen Zug, einen (bald historischen) Cisalpino, der den Berg mit
Hilfe der Kehrtunnels stufenweise überwand. Kurze Zeit später erreichte ich Giornico
und verließ die Straße wieder, die Veloroute verlief nun auf der anderen Talseite. |
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Die restliche Strecke bis Bellinzona verlief fast vollständig abseits der
Kantonsstraße, auf meist asphaltierten landwirtschaftlichen Wegen. Nicth für Rennräder,
aber für Tourenräder aber großartig, wie alle Velorouten klar und
ausreichend beschildert, fernab vom Verkehr, dazu war es noch sonnig mit leichtem
Rückenwind, so soll es sein. Einzig in der Nähe von Biasca ist die Beschilderung
nicht lückenlos, bislang habe ich dort noch nie den Weg ohne Probleme gefunden.
Klappte dann natürlich doch, vorbei an den großen Gneissteinbrüchen von Iragna
fuhr ich auf Bellinzona zu. Kurz vor Bellinzona, in Arbedo, gab es eine
Coop-Pronto-Tankstelle, die steuerte ich an, um Verpflegung für die Mittagspause zu
kaufen. Diese machte ich dann in Bellinzona, meinem letztjährigen mehrtägigen Standort.
Mit Blick auf das Castelgrande gab es Fertigsalat, Brötchen und M-Budget-Salami.
Radreisekost eben. Und Pudding zum Nachtisch. |
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Während der Mittagspause machte ich mir Gedanken über die Route
der nächsten Tage. Der Splügen sollte es mal wieder sein, diesen Entschluss hatte
ich schon auf dem Rad gefasst. Also heute noch bis auf einen Zeltplatz bei Agno,
morgen dann endlich mal nach Carona hoch über Lugano und dann so weit wie möglich
in Richtung Chiavenna, und übermorgen über den Pass. Das müsste klappen. Dann hatte ich
für das Restprogramm die Alternativen Bündner Pässe, Oberalp-Furka-Grimsel oder ein paar
Seitentäler, wie das Avers; auch der Kunkelspass wäre mal schön. Das waren aber noch ein
paar Tage hin, soweit wollte ich noch nicht planen, schließlich spielte auch das Wetter
eine Rolle, und ganz rosig sahen die Vorhersagen nicht aus. Die Vorhersage für den restlichen Weg des heutigen Tages bis Agno allerdings auch nicht; es ging mal wieder über den hässlichsten Alpenpass, den Monte Ceneri. Es ist heutzutage zwar nicht mehr so gefährlich wie im 19. Jahrhundert, vor Straßenräubern hatte ich keine Angst, aber es ist nun mal ziemlich verbaut hier. Und das nicht schön, Typus italienische Vorstadt. Den Anstieg kannte ich schon aus vergangenen Jahren, zwei Serpentinen, sonst immer am Hang entlang. Irgendwann überquert man die Autobahn, dann ist man auf einmal oben. |
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Schön ist es oben immer noch nicht. Aber Passfotos musste ich natürlich machen,
ehe es auf der Kantonalstraße hinunter nach Agno ging. Die Veloroute benutzte ich nur kurz,
denn die ist z. T. nicht asphaltiert und macht einige Schlenker mehr als die Straße; und
ich wollte einfach nur schnell in Agno ankommen, Zelt aufbauen, Klamotten waschen, essen
und schlafen; so richtig fit fühlte ich mich nicht mehr. |
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Es war inzwischen richtig heiß und der Schweiß floss. Agno erreichte ich gegen
16 Uhr 30, einen Campingplatz zu finden war nicht besonders schwierig, eher den richtigen
auszuwählen. Auf dem "Eurocampo" baute ich schließlich mein Zelt auf, direkt unter der
Abflugschneise des "Flughafens" Lugano-Agno. Dichter Luftverkehr herrschte nicht, aber die
erste Maschine erschreckte mich schon, da die nur in etwa 15 m Höhe über den Platz flogen.
Wäsche waschen, aufhängen, und dann ging ich zu einem der schönsten Abendessenplätze
der Tour: Eine Bank am Ende einer Mole, die vom Campingplatz in den Luganer See
hineinragte. Mit leichten Kopfschmerzen legte ich mich früh ins Zelt.
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