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10.5.2010 |
Übersicht Frankfurt am Main – Paris, Mai 2010 |
12.5.2010 |
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Dienstag, 11.5.2010 – 4. Etappe |
Route: | Tageskilometer: | 156,7 | Tagessattelstunden: | 6:44 | |||||
Dun-sur-Meuse – Reims – Fère-en-Tardenois | Tourkilometer: | 548,2 | Toursattelstunden: | 23:50 | |||||
Wetter: | Unterkunft: | ||||||||
Bewölkt, sehr kühl, nachmittags Regen, leichter Rückenwind | Chambres et Tables d'Hôtes: Le Clos de Glycines, 88 EUR (HP) |
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Ein Blick aus dem Fenster: Es regnete noch nicht. Schnell frühstücken und losfahren.
Schon nach wenigen Kilometern erreichte ich Romagne-sous-Montfaucon. Wieder Soldatenfriedhöfe.
Ein kleiner deutscher, einer der ersten überhaupt (1916 angelegt) und ein riesiger amerikanischer
(etwas abseits
der Route, erfahren habe ich von diesem erst bei der Nachrecherche zur Tour – dabei lernte ich auch,
dass die Amerikaner schon im ersten Weltkrieg in Nordfrankreich mitkämpften, das hatte ich nicht
mehr aus dem Geschichtsunterricht parat). Es ist der größte amerikanische Soldatenfriedhof, hier liegen
über 14.000 (nicht nur in Frankreich gefallene, auch Opfer des Russlandfeldzugs der Amerikaner
aus dem Herbst 1918). Mit 530.000 Quadratmetern ist die Anlage deutlich größer als das Dörfchen.
Hätte ich mich mal vor der Tour mehr vorbereitet, dieser Friedhof wäre in meinem Programm
gewesen. |
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Bald verließ ich Lothringen, die nächste Region heißt Champagne-Ardennes, das Département
Ardennes (08). Die Route verlief weiter auf wunderschönen kleinen Sträßchen, die Dörfer sahen anders aus,
es wurde mehr Backstein verwendet und mancher Ort wirkte fast ein wenig belgisch (im "positiven" Sinne).
Grandpré ist ein Beispiel dafür, ein Straßendorf, dicht bebaut entlang der Straße, dahinter fast nichts.
Aber eine schöne Kirche aus dem 17. Jahrhundert, wie ein Schild verriet. Weiter, immer weiter ging es
durch ländliches Frankreich. |
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Das Département Ardennes verließ ich zugunsten des Départements Marne. Es regnete übrigens
immer noch nicht, war aber ziemlich kalt geworden. Doch der Wind kam immer noch aus Osten, obwohl er
das statistisch gesehen ja gar nicht darf. Langsam wurde es Zeit für eine Mittagspause. In
Sommepy-Tahure passierte ich eine kleine Épicerie, bremste ab, drehte um, kaufte Kekse und Cola und
setzte mich vor das Rathaus. An das Rathaus war die Schule angeklebt, genauergesagt, die Schulen.
Rechts die Jungs, links die Mädchen. Natürlich holte mich auch hier der erste Weltkrieg ein, eine
Schautafel vor dem Rathaus erklärte den Frontverlauf und zeigte die Denkmäler der Umgebung. Auch
der Ortsname erinnerte an den Krieg: Sommepy-Tahure. Vor dem Krieg waren das zwei Dörfer, Tahure wurde
jedoch komplett zerstört und nicht wieder aufgebaut, den Namen hat Sommepy adoptiert, zum Gedenken.
Dann kam ein Mann aus dem Rathaus und verwickelte mich in ein Gespräch, und ich konnte feststellen,
dass mein Französisch noch funktionierte. Wir unterhielten uns über Städtepartnerschaften, Sommepy
unterhielt eine mit einem kleinen Dorf in Baden-Württemberg. Auch ein historischer Kontrast. |
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Auch nach der Mittagspause regnete es noch nicht, dafür wurde der Rückenwind stärker.
Vorbei an weiteren Soldatenfriedhöfen kam ich nach Saint Martin l'Heureux. Dort verließ ich die
vorgeplante Route, da ich Moronvilliers sehen wollte, das war auf der Tafel in Sommepy als
verlassenes Dorf eingezeichnet. Daraus wurde jedoch nichts, denn die ganze Region ist
Sperrgebiet des französischen Militärs. Ein paar Kilometer weiter nördlich liegt
Pontfaverger-Moronvilliers, wieder ein Nachbardorf, das den Namen des verlassenen Dorfs adoptierte.
Kurze Zeit später erreichte ich Beine-Nauroy, die gleiche Geschichte, Nauroy wurde im ersten Weltkrieg
aufgegeben. Kurz hinter Beine-Nauroy bekam ich übrigens die ersten Tropfen ab. Es sollten noch mehr
werden. |
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Über Sillery, Taissy und Cormontreuil erreichte ich Reims und fuhr auf einem schönen
asphaltierten ehemaligen Treidelweg entlang des Aisne-Marne-Kanals in Richtung Innenstadt. Bald sah
ich auch die Kathedrale … Aber weil der Weg entlang des Kanals so schön war, wollte ich so
lange wie möglich darauf fahren
und erst auf Höhe der Innenstadt die Seite wechseln. Aber denkste, kaum sah ich die Kathedrale das
erste Mal in echt, gab es keine erreichbaren Brücken mehr. Irgendwann dann eine wacklige
Fußgängerbrücke, ich musste das Rad die steile und nasse – es regnete jetzt – hoch und wieder
herunter tragen. Die Innenstadt bestand aus vielen Baustellen: Die Renaissance der Straßenbahn
hat es auch in die Champagne geschafft. Ich verpflegte mich mit Cola-Light und einem Sandwich bei
der Bäckerei Paul, setzte mich zum Verspeisen vor die Kathedrale. Glücklicherweise regnete es nun
nicht mehr, dafür fielen die Temperaturen in den einstelligen Bereich. Ich sah zu, dass ich
weiterkam. |
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Und nun regnete es richtig. Stadtverkehr, Regen, dann noch ein Unfall auf der Ausfallstraße,
Spaß machte das nicht. Zum Glück hatte ich die Route immer im Blick, in einer Stadt ist GPS großartig.
Irgendwann war ich auch draußen, es wurde wieder ländlich und hügelig, hügeliger als in Lothringen,
leider auch nässer.
Eine Bushaltestelle in Treslon nutze ich kurzentschlossen für ein paar trockene Minuten und den etwas
ausführlicheren Blick auf das GPS (und die inzwischen gekaufte Michelinkarte). Ich identifizierte
Fère-en-Tardenois als einigermaßen großes Dorf, vielleicht sogar als kleine Stadt, und hoffte, dort
ein Hotel zu finden. Dann fuhr ich weiter in und durch den Regen. |
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Neue Region, ich verließ die Champagne und kam in die Picardie, in das Département 02, Aisne.
Wahrscheinlich war die Landschaft hier schöner als Lothringen, leider sah ich kaum etwas. Es ging
nun häufiger bergauf und bergab als in den letzten Tagen, sehr zu meinem Verdruss, denn beides macht
bei Regen und dieser Kälte nicht unbedingt Spaß. Zu allem Überfluss hatte ich dann etwas 10 km vor
dem Ziel Fère-en-Tardenois einen Platten. Am Hinterrad. Das hieß: Gepäckträger halb abmontieren,
Achse raus, damit ich den Schlauch wechseln konnte. Bei gefühlten 0 Grad, glücklicherweise in einem
Bushaltestellenhäuschen. Spaß machte es allerdings dennoch nicht. |
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Gegen halb sechs kam ich in Fère-en-Tardenois an. Und tatsächlich, das war mal eine
Stadt. Eine Kleinstadt zwar, aber es gab Geschäfte, sogar ein Fahrradladen (dazu später mehr) und eine
Touristinfo. Da ging ich rein und kam mit zwei Adressen wieder raus. Das Hotel Emily war mein erster
Anlaufpunkt, leider geschlossen. Dann "Le Clos de Glycines", ein Maison d'hôtes. Und das war ein
Volltreffer. Ein Zimmer, leider ohne Fernseher, aber mit Heizung. Unter der Dusche stellte ich fest,
dass Duschgel, das in der Außentasche einer Radtasche transportiert wird, ganz schön kalt werden kann.
Aber sauber machte es, und es gab Platz, sämtliche nassen Klamotten zum Trocknen aufzuhängen. Was ich
zu erwähnen vergaß: Vor der Touristinfo stellte ich fest, dass ich schon wieder einen Platten am
Hinterrad hatte. Grrr. Einen Ersatzschlauch hatte ich noch, aber wenn es in diesem Takt weitergehen
sollte … hm. Ich suchte also diesen Fahrradladen auf, und der war großartig. Kennt jemand das Buch
"Geheimnisse eines Fahrradhändlers" von Sempé? Nein? Dann kaufen und lesen. Ja? Hier muss sich
Sempé seine Inspiration geholt haben. |
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Noch einmal Reifenwechsel, dann gab es Abendessen. Und das war klasse! Mein Französisch
wurde vor dem Einrosten gerettet, und es gab ein leckeres Essen mit einem unerwarteten Rätsel: Nach
der Vorspeise gab es ein Eis, das in Alkohol schwamm. Die Gäste mussten erraten, was für ein Alkohol
es war und nach was das Eis schmeckte: Das Eis schwamm in Gin, und es schmeckte nach Tomate und
Olivenöl. Gute Nacht. |
10.5.2010 |
Übersicht Frankfurt am Main – Paris, Mai 2010 |
12.5.2010 |
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